Tomaten ausgeizen: Geiztriebe richtig entfernen
Die Entfernung der Seitentriebe bei Tomatenpflanzen spaltet die Meinungen vieler Gartenliebhaber. Lassen Sie uns beleuchten, in welchen Fällen es angebracht ist, Tomaten zu entgeizen und welche Methodik dafür empfehlenswert ist.
Die Frage, ob und wie die Seitentriebe von Tomatenpflanzen entfernt werden sollten, teilt die Gemeinschaft der Tomatenenthusiasten zutiefst. Einige befürworten das rigorose Entfernen dieser Triebe bei jeder Gelegenheit und für jede Pflanze, während andere ihre Tomaten in ihrem natürlichen Wachstum belassen. Dass hinter dem Ausgeizen mehr steckt als bloße Überzeugungen, sondern tatsächliche Pro und Contra Argumente existieren, möchten wir Ihnen in diesem Beitrag aufzeigen. Wir werden die Entstehung der Geiztriebe erörtern und Ihnen eine detaillierte Anleitung zum korrekten Entgeizen bieten.
Muss man Tomatenpflanzen ausgeizen?
Die Entscheidung, ob Tomatenpflanzen ausgegeizt werden sollen, ist abhängig von der jeweiligen Sorte, dem Standort sowie dem verfügbaren Raum. Aus diesem Grund erläutern wir Ihnen ausführlich, bei welchen Pflanzen das Entgeizen sinnvoll ist und welche Gründe dafür sprechen.
Wie entstehen Geiztriebe?
Wildtomaten aus dem südamerikanischen Raum zeichnen sich durch ihr natürliches, üppiges Wachstum aus den Blattachseln aus und formen mit der Zeit am Boden liegend einen verzweigten Busch. Unsere kultivierten Tomatensorten (Solanum lycopersicum) stammen von dieser Vielfalt an Wildtomaten (Solanum sp.) ab und weisen immer noch deutliche Parallelen zu ihren wilden Vorfahren auf. Zudem fördert ein Standort mit zu wenig Licht oder eine übermäßige Düngung mit Stickstoff die Entwicklung von Seitentrieben anstatt der Blütenbildung. Ein sonniger Standort ist daher essentiell, um die Fruchtbildung gegenüber dem Wachstum von Seitentrieben zu begünstigen. Eine Überdüngung mit Stickstoff lässt sich durch den Einsatz von ausgewogenen, primär organischen Langzeitdüngern vermeiden. Dieser Dünger gibt die Nährstoffe gleichmäßig und nachhaltig ab, was eine ausgewogene Versorgung der Tomatenpflanzen ohne Risiko von Nährstoffmangel oder -überschuss gewährleistet und dabei den Boden schont.
Muss man jede Tomate ausgeizen?
Die kurze und klare Antwort ist Nein. Nicht jede Tomatenpflanze muss ausgegeizt werden; es kommt vielmehr darauf an, ob es zweckmäßig ist. Bei großfrüchtigen Sorten wie den Ochsenherz- oder Fleischtomaten ist das Entfernen der Seitentriebe ratsam. Ebenso sollten bei mittelgroßen Stabtomaten neben dem Haupttrieb nur zwei bis drei weitere Triebe belassen werden.
Welche Tomatensorten sollten ausgegeizt werden?
Kleinwüchsige Buschtomaten sowie Wildtomatenformen bedürfen keiner Entgeizung. An sämtlichen Seitentrieben dieser Pflanzen entwickeln sich Blüten, die wiederum Früchte tragen, wodurch der Ernteertrag ohne das Ausgeizen am umfangreichsten ist. Bei den kleinfrüchtigen Varianten wie Cocktail- und Cherrytomaten steht es dem Gärtner frei, sie entweder in ihrem natürlichen Wachstum zu belassen oder sie mit mehreren Trieben zu kultivieren. Demnach ist das Ausgeizen bei diesen Tomatensorten eine optionale Maßnahme.
Die Vorteile des Ausgeizens
Das Ausgeizen von Tomaten bietet diverse Vorteile. Insbesondere bei Fleischtomaten wird dadurch vermieden, dass die Seitentriebe zu schwere Früchte entwickeln, welche die Pflanze nicht tragen kann, was zu einem Abreißen oder Umknicken führen kann. Die Fruchtqualität verbessert sich typischerweise auch; die Tomaten neigen dazu, aromatischer zu sein, da die Pflanze weniger Früchte zu ernähren hat. Weiterhin fördert das Ausgeizen das vertikale Wachstum der Pflanze und die Konzentration auf die Fruchtbildung. Die Pflanzen wachsen dadurch in die Höhe, bleiben jedoch schlank, was den Platzbedarf reduziert. Ein zusätzlicher Nutzen ergibt sich daraus, dass Pflanzen mit weniger oder keinen Seitentrieben eine bessere Luftzirkulation ermöglichen und schneller abtrocknen können, insbesondere nach Regenfällen. Dies erschwert es Pilzerkrankungen, sich auszubreiten und die Pflanzen zu befallen.
Die Vorteile
- Oftmals höhere Qualität und intensiverer Geschmack der Tomaten
- Benötigt weniger Platz in der Breite und ermöglicht eine verbesserte Luftzirkulation um die Pflanze
- Abgenommene Triebe können zur Herstellung einer nährstoffreichen Tomatenjauche genutzt werden
- Beugt bei großfrüchtigen Tomatensorten dem Umknicken oder Abreißen der feineren Seitentriebe vor
- Fördert das vertikale Wachstum und die Fruchtentwicklung an den verbleibenden Trieben
Die Nachteile des Ausgeizens
Allerdings birgt das Ausgeizen auch Nachteile, weshalb das Thema durchaus kontrovers diskutiert wird. Zuerst ist festzuhalten, dass das Ausgeizen nur dann ratsam ist, wenn es auch tatsächlich angebracht ist – was nicht immer der Fall ist. Pflanzen, denen die Seitentriebe entfernt wurden, neigen zu einem verstärkten Höhenwachstum, was sie anfälliger für Instabilität macht. Schon eine leichte Brise kann dazu führen, dass diese hohen Pflanzen umstürzen oder abknicken, weshalb sie immer sorgfältig gestützt oder angebunden werden müssen.
Ein wesentlicher Nachteil des Ausgeizens ist die Verletzung der Pflanze, durch die offene Wunden entstehen, die als Eintrittspforten für Krankheitserreger dienen können. Dies stellt eine Stresssituation für die Tomatenpflanzen dar, da sie gezwungen sind, die Wunden schnell zu verschließen und gegen mögliche Infektionen anzukämpfen. Darüber hinaus erfordert das regelmäßige Ausgeizen einen erheblichen Zeitaufwand und muss, abhängig von der Wuchskraft der Sorten, etwa alle zwei Wochen wiederholt werden. Für Tomatenanbauer, die noch am Anfang stehen, ist es zudem eine Herausforderung, die Haupttriebspitze von den Seitentrieben zu unterscheiden. Das birgt das Risiko, versehentlich die fruchttragende Spitze zu entfernen, wodurch die Pflanze auf einen weniger stabilen Seitentrieb angewiesen ist.
Die Nachteile
- Unterscheidung zwischen Haupt- und Seitentrieben kann für Einsteiger herausfordernd sein
- Nicht für jede Tomatenvariante empfehlenswert
- Erfordert regelmäßigen Zeitaufwand und muss etwa alle zwei bis drei Wochen durchgeführt werden
- Erzeugt Wunden an der Pflanze, was Krankheitserregern den Eintritt erleichtern kann
- Notwendigkeit einer stabilen Stützung, da Pflanzen anfällig für Instabilität sind
Anleitung zum Ausgeizen von Tomaten
Der optimale Zeitpunkt, um mit dem Ausgeizen zu beginnen, ist abhängig vom Zeitpunkt der Pflanzung. Es wird empfohlen, direkt nach dem Einpflanzen zu starten, typischerweise Anfang Mai für Gewächshauspflanzen oder Mitte Mai für Pflanzen im Freiland, und die Praxis bis in den Herbst fortzusetzen.
Das Entfernen der Seitentriebe sollte vorzugsweise am Morgen erfolgen, da die Wunden über den Tag hinweg schneller verheilen können. Es ist ratsam, dabei Handschuhe zu tragen, um zu vermeiden, dass die Hände mit den klebrigen, grünen Rückständen der Tomatenpflanze in Berührung kommen.
Wie aber erkennt man die Geiztriebe im Vergleich zu den Haupttrieben? Geiztriebe entstehen stets in den Blattachseln der größeren Blätter und wachsen in einem Winkel von etwa 45 Grad vom Haupttrieb weg. Sie sind in der Regel dünn und biegsam. Indem man von oben nach unten alle Blattachseln der Pflanze inspiziert, lässt sich sicherstellen, dass kein Seitentrieb übersehen wird. Diese Triebe sollten entfernt werden, entweder indem man sie nahe am Stamm zwischen Daumen und Zeigefinger abknipst oder, für einen saubereren Schnitt, mit einer scharfen Schere oder einem Messer abtrennt. Achten Sie dabei besonders darauf, den Haupttrieb nicht zu beschädigen. Kleinere Triebe können auch herausgebrochen werden, da sie sich meist noch einfach aus der Blattachsel lösen lassen.
Ein wichtiger Hinweis: Achten Sie darauf, dass die frischen Wunden nach dem Ausgeizen in den ersten Tagen nicht beim Gießen nass werden, um das Risiko einer Infektion zu minimieren.
Tipps zum Ausgeizen unterschiedlicher Tomatensorten
Fleischtomaten ausgeizen
Bei der Kultivierung von mittelgroßen Stabtomaten und den besonders schweren Fleischtomaten gehen die Meinungen hinsichtlich des Ausgeizens weit auseinander. Bei Stabtomaten ist es üblich, ein oder zwei der unteren Seitentriebe zu belassen, da diese der Pflanze zusätzliche Stabilität verleihen und dort ebenfalls Früchte tragen können. Alle darüber hinausgehenden Seitentriebe werden in der Regel entfernt. Im Gegensatz dazu neigt man bei Fleischtomaten dazu, höchstens einen Seitentrieb neben dem Haupttrieb zu behalten und beide sorgfältig zu stützen, um die Stabilität zu gewährleisten. Eine andere Methode ist das vollständige Entfernen sämtlicher Geiztriebe, sodass nur der Haupttrieb verbleibt. Dies ist besonders bei Fleischtomaten relevant, da die schweren Früchte die dünnen Seitentriebe schnell überlasten und zum Abknicken bringen können.
Wildtomaten ausgeizen
Wildtomaten müssen auf keinen Fall ausgegeizt werden. Diese Pflanzen sind von Natur aus stark verzweigt und tragen Früchte an den Seitentrieben. Das Entfernen dieser Triebe würde den potenziellen Ertrag dieser Pflanzen erheblich reduzieren.
Cocktailtomaten ausgeizen
Bei Cocktailtomaten, die für ihre kleinen Früchte bekannt sind, ist das Ausgeizen nur in begrenztem Maße notwendig. Die Seitentriebe bringen oft schnell Blüten und Früchte hervor, die selbst von den dünneren Trieben problemlos getragen werden können. Um jedoch ein unübersichtliches und schlecht belüftetes Pflanzenwachstum zu vermeiden, empfiehlt es sich, einige Triebe zu entfernen. Bei ausreichendem Platz lässt man bei der Cocktailtomate neben dem Haupttrieb zwei bis drei untere Seitentriebe stehen, wodurch die Pflanze mit mehreren Trieben gezogen wird. Diese ausgewählten Triebe entwickeln dann Blüten und Früchte, während die höher gelegenen Geiztriebe entlang des Haupttriebes entfernt werden.
Balkontomaten ausgeizen
Balkontomaten dürfen keinesfalls ausgegeizt werden. Diese Sorten, die in der Regel eine maximale Höhe von etwa einem Meter erreichen, zeichnen sich durch ihre starke Verzweigung aus und tragen Früchte an den Seitentrieben. Durch das Entfernen dieser Seitentriebe würden Sie einen erheblichen Teil des potenziellen Fruchtertrags dieser Pflanzen eliminieren.
- Tragen Sie Handschuhe, um Verfärbungen an den Händen zu verhindern
- Entfernen Sie kleinere Triebe manuell, größere Triebe sollten geschnitten werden
- Untersuchen Sie systematisch von der Spitze bis zur Basis alle Blattachseln
- Wiederholen Sie den Vorgang je nach Wachstumsrate etwa alle zwei Wochen
- Vormittags ausgeizen ermöglicht ein schnelles Abtrocknen der Schnittstellen
- Achten Sie darauf, die Schnittwunden beim Bewässern nicht zu benetzen